Wenn man organisch bedingte Ursachen wie Hirntumore etc. beiseite lässt, gibt es in der schulmedizinischen Psychiatrie -kurz gesagt- nur 2 neurochemische Ursachen für alle psychiatrischen Erkrankungen:
Zu viel Dopamin in bestimmten Gehirnregionen bei Schizophrenie/Psychosen und zu wenig das „Glückshormon“ Serotonin bei allen anderen psychiatrischen Erkrankungen. -
Lassen sich hochkomplexe psychische Erkrankungen wirklich auf nur 2 Ursachen reduzieren?
Es gibt Forschungen, die zu anderen Ergebnissen kommen:
Die Institute für Neurotechnologie und Neuropsychiatrie der Universitäten Cambridge und Rotterdam haben in einem laboratoriumsmedizinischen „Kraftakt“ in mehreren Studien das Blut von mehreren hundert Schizophrenie-Patienten auf bis zu 225 Laborparametern analysiert und tatsächlich bis zu 89 Biomarker für Schizophrenie gefunden; Biomarker sind in diesem Fall biochemische Stoffe im Blut von Patienten*innen, die im Vergleich zu Gesunden von der Norm abweichen.
Der Vater der Forschungsleiterin war psychisch krank und sie hat sich deshalb zur Lebensaufgabe gemacht, psychische Krankheiten besser zu erforschen.
Um sich ein Bild zu machen, sind in der folgenden Tabelle die 225 biochemischen Laborparameter dargestellt.
Die Tabelle findet sich in: S. Bahn et al.: Development of a blood-based molecular biomarker test for identification for schizophrenia before disease onset. Translational Psychiatry 5, 2015.
In einer anderen Studie dieses Forschungskonsortiums wurden 181 biochemische Parameter analysiert und 51 Biomarker gefunden, die in der folgenden Tabelle dargestellt sind.
Die Tabelle ist veröffentlicht in: S. Bahn et al.: Validation of a Blood-Based Laboratory Test to Aid in the Confirmation of a Diagnosis of Schizophrenia. Biomark Insights. 2010; 5: 39–47. Published online 2010 May 12. doi: 10.4137/bmi.s4877.
Diese Forschungsarbeit gibt Hinweise darauf, dass Ursachen psychischer Erkrankungen nicht allein im Gehirn zu suchen sind, wie die schulmedizinische Psychiatrie meint, sondern im ganzen Körper: Whole-Body-Disease. „Psychiatric disorders are increasingly recognised as disoders of the whole body.“
So ein Zitat der Forschungsleiterin Prof. Bahn, zu finden auf der Website der University of Cambridge unter „Research News“ im Artikel: New approach to drug discovery could lead to personalised treatment of neuropsychiatric disorders. Publiziert am 8. Mai 2019.
Bei aller Euphorie will ich aber nicht die Probleme labormedizinischer Analysen verschweigen:
Ein Problem sind Störfaktoren, das größte Problem ist aber das der Kausalität. Sind die gefundenen Parameter Ursache oder Wirkung der Krankheit? Dieses Problem spielt aber bei der konkreten Therapie keine große Rolle, denn pathologische Symptome müssen therapiert werden, egal ob sie Ursache oder Wirkung einer Krankheit sind.
Es gibt neben der Biomarker-Forschung weitere Forschungsarbeiten ganz neuer Wissenschaftszweige, die darauf hinweisen, dass die biologischen Ursachen psychiatrischer Erkrankungen im ganzen Körper zu finden sind (Whole-Body-Disease) und nicht nur im Gehirn, wie die schulmedizinische Psychiatrie meint.
Die Neurogastroenterologie erforscht die Bedeutung des Verdauungstraktes für die Psyche.
Die Neurokardiologie erforscht die Bedeutung des Herzes für die Psyche.
Die Psychoneuroimmunologie erforscht die Bedeutung des Immunsystems für die Psyche.
Die Psychoneuroendokrinologie erforscht die Bedeutung des Hormonsystems für die Psyche.